Der Biber ist in Oberösterreich zurück: Dank intensiver Schutzmaßnahmen leben heute rund 2.500 Tiere im Land, der Erhaltungszustand gilt als gesichert. Mit der wachsenden Population entstehen jedoch Konflikte mit Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Hochwasserschutz und Infrastruktur. Fraßschäden, Dammuntergrabungen und betroffene Flächen machen neue, ausgewogene Lösungen nötig. Vor diesem Hintergrund hat das Land Oberösterreich unter der Federführung von Landeshauptmann-Stv. Dr. Manfred Haimbuchner die „Oö. Biber-Verordnung“ erarbeitet. Sie ermöglicht erstmals eine gezielte und kontrollierte Entnahme von Tieren in jenen Bereichen, in denen erhebliche Schäden drohen oder bereits entstanden sind. Das Ziel der Verordnung lautet, Konflikte zu entschärfen und gleichzeitig den langfristigen Bestand der Art zu sichern. Damit setzt Oberösterreich auf eine verantwortungsvolle, nachhaltige und praxistaugliche Regulierung des Bibers – im Sinne des Naturschutzes ebenso wie im Sinne der betroffenen Menschen.
„Der Biber ist ein Symbol dafür, dass Naturschutz in Oberösterreich wirkt. Wir freuen uns über den gesicherten Erhaltungszustand dieser Art, müssen aber gleichzeitig verantwortungsvoll handeln, um Konflikte mit Landwirtschaft, Hochwasserschutz und Infrastruktur zu vermeiden. Mit der neuen Biberverordnung schaffen wir einen ausgewogenen Rahmen, der Artenschutz und Praxis miteinander verbindet. Damit sorgen wir nicht nur für Klarheit und Rechtssicherheit, sondern zeigen auch, dass erfolgreicher Naturschutz und die berechtigten Interessen der Menschen in unserem Land kein Widerspruch sein müssen“, so Landeshauptmann-Stv. Naturschutzreferent Dr. Manfred Haimbuchner.
Der Biber in OÖ – eine Erfolgsgeschichte des Artenschutzes
Im 19. Jahrhundert war der Biber in Österreich fast ausgerottet. Nach Aussetzungen in den 1970er-Jahren und jahrzehntelangem Schutz wuchs der Bestand in Oberösterreich von 35 Tieren (1989) auf über 2200 Tiere in rund 850 Revieren im Jahr 2023/24. Etwa 90 % leben im kontinentalen Bereich außerhalb der Alpen, mit weiterem Zuwachs auch in alpinen Regionen. Damit gilt die naturschutzfachliche Kernaufgabe – Aufbau einer selbsterhaltungsfähigen Population – als erfüllt. Ober- und Niederösterreich sind heute Kernregionen der österreichweiten Biberbestände. Die Tiere besiedeln feste Reviere an Gewässern und Ufern, Jungtiere wandern nach 1–2 Jahren ab und tragen so zur weiteren Ausbreitung bei.
Biber und Mensch – ein Konflikt
Dieser große Erfolg der Wiederansiedelung des Bibers in Oberösterreich brachte zwangsläufig auch ein wachsendes Konfliktpotential mit verschiedenen, im Lebensbereich des Bibers aktiven Interessensgruppen, mit sich. Neben Hochwasserschutz- und Infrastrukturverantwortlichen, wie etwa Gebietskörperschaften im Bereich von Brücken und Dämmen, oder Kraftwerksbetreiben, waren und sind es oftmals Grundeigentümer, insbesondere Land- und Forstwirte in den Kulturlandschaften, welche Schaden durch andauernde Biberaktivitäten erleiden.
Die Schadensmuster lassen sich dabei grob in drei Kategorien einteilen:
- Graben: (Grabungstätigkeiten bzw. Untergrabungen an Ufern und Böschungen
- Nagen: Benagung bzw. Fällung von ufernahen Gehölzen sowie Feldfrüchten
- Bauen: Stauaktivitäten durch Dammbau und den damit verbundenen Überschwemmungen und Grundwasseranhebungen oder Rückstau bei Anlagen zur Wasserregulation, sowie Verstopfug von Einrichtungen (Brücken, Ableitungen, etc.)
Um Schäden zu verhindern bzw. zu minimieren ist der oberösterreichische Naturschutz bereits seit Jahren bemüht, durch Förderungen, präventive Maßnahmen für betroffene Grundeigentümer zu ermöglichen. „Dass sich der Biberbestand in unserem Bundesland erholen konnte, ist auf die hervorragende Arbeit der Naturschutzabteilung des Landes Oberösterreich zurückzuführen. Mit steigender Population wird der Biber allerdings auch teilweise zum Problem, weshalb nun mit der neuen Biber-Verordnung gezielt Entnahmen ermöglicht werden“, so Naturschutzreferent Dr. Haimbuchner.
Die Biber-Verordnung
Die neue Verordnung ermöglicht eine gezielte, bestandsschonende Regulierung der Biberpopulation in Oberösterreich. Entnahmen bleiben „Ultima Ratio“ und sind nur nach Ausschöpfung aller zumutbaren Präventionsmaßnahmen erlaubt, etwa bei erheblichen Schäden oder Gefährdung der öffentlichen Sicherheit. Maximal dürfen pro Entnahmeperiode (1. September – 31. März) 158 Tiere entnommen werden – rund 7 % des Bestandes –, aufgeteilt in 58 im Mühlviertel und 100 im Alpenvorland. Naturschutz- und Europaschutzgebiete sowie die alpinen Regionen sind grundsätzlich ausgenommen; dort sind nur Präventivmaßnahmen wie die Entfernung von Nebendämmen erlaubt. Eingriffe dürfen nur auf Grundlage einer fachlichen Prüfung erfolgen und sind auf jagdlich legitimierte Jäger beschränkt. Eine Genehmigung gilt für maximal sechs Tiere und vier Wochen. Alle Entnahmen sind in der Jagddatenbank zu dokumentieren. Die Landesregierung führt zusätzlich ein Monitoring durch, um Auswirkungen auf den Gesamtbestand zu überwachen.
„Mit dieser Verordnung schaffen wir erstmals eine klare und rechtssichere Grundlage für den Umgang mit dem Biberbestand in Oberösterreich. Der Bestand wird auf wissenschaftlicher Basis erfasst und bleibt gesichert, während Eingriffe nur unter streng festgelegten Voraussetzungen und ausschließlich als Ultima Ratio möglich sind. Damit wird einerseits der Schutz dieser streng geschützten Tierart gewährleistet und andererseits sichergestellt, dass bei erheblichen Schäden oder Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit rasch und transparent gehandelt werden kann“, betont Dr. Haimbuchner.