Gruber im KURIER-Interview: „Die FPÖ ist beim Asylthema die glaubwürdigste Partei“

Landesparteisekretär, LAbg. Michael Gruber im Interview mit KURIER-Chefredakteur Josef Ertl, in dem Gruber für eine echte bürgerliche Koalition und für Verhandlungen aus der Position der Stärke plädiert.  Michael Gruber ist seit 1. Juli neuer Landesparteisekretär der FPÖ Oberösterreich. Der 46-jährige Unteroffizier – Zugskommandant in Hörsching – gehört seit 2015 dem Landtag an, er ist Vizebürgermeister in Pettenbach und Bezirksparteiobmann von Kirchdorf/K. 

KURIER: Sind Sie der neue Dobermann, der neue Scharfmacher in der FPÖ? Ihre Presseaussendungen stellen den Regierungsparteien ÖVP und Grüne ein vernichtendes Zeugnis aus.
Michael Gruber: Als Landesparteisekretär bin ich der, der die eigene Bewegung fördert und die der Mitbewerber hemmt. Ich will unser Profil deutlich zum Vorschein bringen, auf der anderen Seite muss man klar aufzeigen, wo die nicht so guten Lösungen der Mitbewerber liegen.

KURIER: Sie und Ihre Partei üben heftige Kritik am Zustrom der Asylwerber. Aber Ihre Partei muss ihnen eigentlich dankbar sein, denn je stärker der Zustrom ist, umso mehr Zuspruch findet die FPÖ in den Meinungsumfragen. Derzeit liegen laut KURIER-OGM-Umfrage die Freiheitlichen auf Bundesebene am ersten Platz.
Michael Gruber: Es geht immer um die Glaubwürdigkeit. Wir haben recht gehabt, auch rückblickend auf 2015. Wir haben schon immer gesagt, dass man die Ursachen bekämpfen muss und dass wir von der Symptomdebatte wegmüssen. Das ist der Unterschied zwischen uns und den anderen.

KURIER: Wo liegen die Ursachen?
Michael Gruber: Die meisten, die bei uns da sind, dürften gar nicht Asyl haben, denn sie sind Wirtschaftsflüchtlinge. Es liegen so viele Drittstaaten zwischen Österreich und den Herkunftsländern. Die Flüchtlinge könnten schon viel früher in anderen Ländern um Asyl ansuchen.

KURIER: Die derzeitige Regelung ist so, dass jeder, der an unsere Grenze kommt, einen Asylantrag stellen darf.
Michael Gruber: Die Regelung wird so ausgelegt. Darum wollen wir das geltende Asylrecht reformieren.

KURIER: Auf europäischer oder nationaler Ebene?
Michael Gruber: Die wahre Lösung liegt auf der europäischen Ebene. Solange Europa aber das nicht im Griff hat, muss man nationale Lösungen finden. Wenn der Innenminister sagt, wir werden
die Leute, die an der Halloween-Nacht beteiligt waren, außer Landes bringen …

KURIER: … das passiert ja nicht.
Michael Gruber: Wenn er das sagt, muss er die Grenze dichtmachen.

KURIER: Sie würden also die Grenze für Asylwerber dichtmachen.
Michael Gruber: Ja, das ist eine unserer Forderungen.

KURIER: Wie wollen Sie das machen? Mithilfe des Militärs, der Polizei?
Michael Gruber: Es ist eine Kombination aus technischen Mitteln wie Zäunen und der personellen Komponente. Da bin ich beim Bundesheer.

KURIER: Wäre das Heer von den Kapazitäten her dazu in der Lage?
Michael Gruber: In Kombination mit technischen Mitteln ja.

KURIER: Aber dann stehen die Kasernen leer. 

Michael Gruber: 

Ich bin für ein temporäres Aussetzen der Auslandseinsätze. Mir ist schon bewusst, dass wir die Kräfte zu Hause brauchen.

KURIER: Die Soldaten sollen also nach Hause und die österreichische Grenze gegen Asylwerber schützen.
Michael Gruber: Das wäre ein wesentlicher Faktor. Und sie sollen auch die Möglichkeit des Abweisens haben. Es können bilaterale Abkommen geschlossen werden. Den Nachbarstaaten muss mitgeteilt werden, dass wir die Asylwerber nicht mehr aufnehmen, sondern sie abweisen. Damit kann man das Problem zu einem Europäischen machen und dann erhoffe ich mir eine Lösung. Österreich kann ja nicht der Rettungsanker ganz Europas sein.

KURIER: Wenn die Asylwerber nun an der österreichischen Grenze abgewiesen werden, wo sollen sie dann einen Antrag stellen können? Es gibt ja auch tatsächlich verfolgte Menschen.
Michael Gruber: In den sicheren Drittstaaten, wo sie bereits durchgereist sind. Warum wollen alle nach Österreich oder Deutschland? Weil die Sozialleistungen relativ gut sind.
Deshalb müssen wir an eine europäische Lösung denken. Ich gehe darüber hinaus. Man muss bereits beim Fluchtkontinent ansetzen, um die Fluchtbewegung nach Europa zu verhindern.

KURIER: Das würde zum Beispiel bedeuten, dass Flüchtlinge aus dem Kriegsgebiet von Nordäthiopien im Sudan Schutz finden sollen.
Michael Gruber: Es ist eine internationale Aufgabe, in Nordafrika Aufnahmezentren zu schaffen, die auch von uns unterstützt werden sollen. Das würde uns helfen.

KURIER: Ein Hauptproblem ist nach wie vor die Länge der Asylverfahren. Aufgrund rechtsstaatlicher Prozesse kann es viele Jahre bis zur endgültigen Asylentscheidung dauern. Die Asylwerber sind inzwischen integriert, bekommen Kinder, arbeiten und wenn sie abgewiesen werden, zeigt die Bevölkerung kein Verständnis für Abschiebungen. Wie wollen Sie dieses Problem lösen?
Michael Gruber: Man muss die Verfahren beschleunigen.

KURIER: Von Beschleunigung wird schon seit 20 Jahren geredet, und sie passiert nicht.
Michael Gruber: Wir sind bei dem Thema die glaubwürdigste Partei schlechthin. Manche Dinge haben sich zu einem Geschäftsmodell entwickelt. Es gibt Institutionen, die mit längeren Asylverfahren verdienen.

KURIER: Sozialorganisationen wie die Caritas oder die Volkshilfe?
Michael Gruber: Zum Beispiel.

KURIER: Oder gewisse Rechtsanwälte?
Michael Gruber: Es hat sich in diesem Umfeld ein gewisser Apparat aufgebaut. Man muss schauen, wer welche Interessen verfolgt, und warum manche Dinge nicht umgesetzt werden, die umgesetzt werden könnten. Wenn der Wille des Staates da wäre, könnte man Asylverfahren beschleunigen.

KURIER: Wie lange dürfte ein Verfahren bis zur endgültigen Entscheidung dauern?
Michael Gruber: Ich bin für ein zweistufiges Verfahren. Das Erstverfahren, bei dem innerhalb von 14 Tagen klar gesagt wird, ob es eine Chance auf Asyl gibt oder nicht. In weiterer Folge darf es maximal ein halbes Jahr dauern.

KURIER: Reicht dieses Verfahren, um die rechtsstaatlichen Grundsätze einzuhalten?
Michael Gruber: Ja, das glaube ich. Ein Faktor für die lange Dauer ist das Fehlen von Angaben. Es werden die Pässe weggeworfen, falsche Geburtsdaten und falsche Herkunftsgebiete angegeben.

KURIER: Ein Problem ist auch, dass der Großteil der abgelehnten Asylwerber nicht abgeschoben werden kann, weil die Herkunftsländer sie nicht mehr haben wollen bzw. Krieg herrscht. Wie wollen Sie dieses Problem lösen?
Michael Gruber: Zwei Möglichkeiten. Eine sind Rückführungszertifikate mit den Herkunftsstaaten. Diese werden dafür etwas wollen. Wenn man das mit ihnen nicht vereinbaren kann, soll man eine Vereinbarung ähnlich jener Großbritanniens mit Ruanda anstreben. Diese Länder übernehmen die Asylwerber, im Gegenzug erhalten sie Unterstützungsleistungen.

KURIER: An der Gerüchtebörse heißt es, Sie werden Nachfolger von Klubobmann Herwig Mahr.
Michael Gruber: Das ist ein Gerücht. Ich weiß noch nichts davon.

KURIER: Sie würden die Position aber nicht ablehnen?
Michael Gruber: Das muss man in der Gesamtorganisation abbilden, weil dann meine Position auch wieder vakant wäre. Ich habe meine Funktion neu übernommen und fühle mich darin ganz wohl.

KURIER: Laut der KURIER-Sonntagsfrage käme die FPÖ auf Bundesebene auf 25 Prozent, die SPÖ auf 24, die ÖVP auf 19, Neos auf 10 und die Grünen auf acht Prozentpunkte. Mit wem würde die FPÖ koalieren? Eine Zweierkoalition wird vermutlich keine Mehrheit mehr haben, es dürfte eine Dreierkoalition geben.
Michael Gruber: Mit jenen Partnern, die mit uns halbwegs einen inhaltlichen Querschnitt schaffen.

KURIER: Am naheliegendsten wäre die ÖVP, sie wird aber Ihren Obmann Herbert Kickl nicht schlucken.
Michael Gruber: Ich glaube nicht, dass die ÖVP derzeit in einer Position ist, in der sie vorgeben kann, was zu schlucken ist oder nicht. Wir haben jetzt schwarz auf weiß, dass man vor der eigenen Tür kehren muss, bevor man auf die anderen schaut. Die FPÖ hat nach der Ibiza-Causa ganz klar Konsequenzen gezogen. Das vermisse ich bei anderen Parteien, die damals Moral, Moral gerufen haben.
Nach einer Wahl wird man zuerst die Inhalte und erst dann die Personalfragen lösen. Der Stärkste wird den Ball zugespielt bekommen. Und dann wird man schauen, wie sich das entwickelt. Es hat ja auch keiner geglaubt, dass Jörg Haider 1999/ 2000 auf den Kanzler verzichtet, was ja sein erklärtes Ziel war. Darum würde ich mich gar nicht so auf die Zusammenarbeit mit einer Person festlegen.
Ich glaube schon, dass es für ganz Österreich gut wäre, wenn eine bürgerliche Mehrheit eine Regierung bildet. Denn eine Dreierkoalition aus SPÖ, Grünen und Neos wäre ein Schreckgespenst, das male ich mir gar nicht aus.

KURIER: Dieses Modell Haider aus dem Jahr 1999/2000, dass die FPÖ auf den Kanzler verzichtet, auch wenn sie stärkste Partei wäre, ist ein Zukunftsszenario?
Michael Gruber: Ich kann nur sagen, dass das damals ein Beispiel dafür war, dass Haider sich zurückgenommen hat. Es war sonnenklar, dass er als Kanzler nicht durchgegangen wäre.

KURIER: Das könnte mit Kickl auch passieren.
Michael Gruber: Das könnte passieren. Ich weiß nicht, ob es klug wäre, es so zu machen. Das ist jetzt alles Glaskugel. Zuerst müssen wir wählen und stark über die Ziellinie gehen, dann ergibt sich alles andere.

Das Interview ist am 20. November 2022 im KURIER erschienen, das Interview führte Chefredakteur Dr. Josef Ertl.