Die beiden Parteiobleute von ÖVP und FPÖ, Landeshauptmann Mag. Thomas Stelzer und Landeshauptmann-Stv. Dr. Manfred Haimbuchner zogen mit der KRONE im Doppelinterview im Gespräch mit Robert Loy und Christian Ortner eine erste Bilanz.
Es ist Zeit, Bilanz zu ziehen: Die schwarz-blaue Koalition in OÖ erreicht demnächst ihre Halbzeit. Warum kann die ÖVP mit der FPÖ im Land, nicht aber im Bund? Die Parteichefs im Interview.
Was uns im Bund möglicherweise bevorsteht, ist in Oberösterreich seit neun Jahren Realität: ÖVP und FPÖ arbeiten in einer Partnerschaft und führen politisch das Land an – und das relativ geräuschlos. Die laufende Legislaturperiode nach der Wahl 2021 erreicht in diesen Wochen ihre Halbzeit. Zeit also, Bilanz zu ziehen und den Landeschef Thomas Stelzer (ÖVP) und seinen Vize Manfred Haimbuchner (FPÖ) zu fragen: „Warum schaffen Sie es in Oberösterreich miteinander, nicht aber in Wien?“
Herr Stelzer, die ÖVP regiert seit 2015 mit der FPÖ in Oberösterreich. Was schätzen Sie am politischen Gegenüber – und was an der Person Manfred Haimbuchner?
Ich schätze, dass das, was wir ausmachen, hält. Dass es ein sehr unkompliziertes Miteinander gibt. Klare Worte, offene Worte. Das heißt nicht, dass man sich immer überall einig ist, aber man weiß immer, woran man ist. Wenn etwas ausgemacht ist, wird das auch von beiden Seiten getragen.
Wie beurteilen Sie die Zusammenarbeit mit der ÖVP und mit Thomas Stelzer, Herr Haimbuchner?
Das Wichtigste in der Politik ist, dass es Vertrauen gibt und dass man sich persönlich versteht. Wichtig ist, dass man in der Lage ist, ein Programm durchzuarbeiten, und zwar in guten wie in schlechten Zeiten. Wenn es einen Dissens gibt, muss man die Dinge aussprechen und ausräumen.
In der ÖVP mehren sich die Stimmen, nach der Wahl auf Bundesebene eine Koalition mit der SPÖ einzugehen. Wie stehen Sie dazu?
Stelzer: Ich bin kein Freund davon, schon vor einer Wahl zu sagen, was geschehen soll und mit wem man koalieren möchte. In meiner Welt treten wir bei der Wahl an, um möglichst viel Zuspruch zu erlangen, damit die Inhalte und Programme, die wir für gut halten, möglichst breitflächig umgesetzt werden können. Nach der Wahl muss man auf Basis des Ergebnisses schauen, mit wem man möglichst viel von dem, was uns wichtig ist, umsetzen kann.
Die ÖVP hat ausgeschlossen, mit Herbert Kickl von der FPÖ und mit der Grünen Leonore Gewessler zusammenzuarbeiten. Steht die ÖVP am Ende gar alleine da?
Stelzer: Es stimmt, es gibt Personen, mit denen wir nicht zusammenarbeiten wollen. Das hat nichts mit der Zusammenarbeit von Parteien zu tun. Eine Koalition ist eine Mischung aus Inhalten, Programmen und Personen, die miteinander umsetzen können und miteinander auskommen müssen.
Wie glaubwürdig ist eine schwarz-blaue Koalition im Land, wenn ÖVP und FPÖ im Bund spinnefeind sind?
Stelzer: Wir haben das schon in vielfältigen Konstellationen erlebt, dass die Koalitionen auf Landesebene nicht mit denen im Bund übereinstimmen. In Oberösterreich hatten wir vor 2015 Schwarz-Grün, während es im Bund kein Schwarz-Grün gab. Es ist gut so, dass es auf verschiedenen Ebenen unterschiedliche Konstellationen gibt. Die Leute wählen auch unterschiedlich.
Herr Haimbuchner, gibt es für Sie Personen oder Parteien, mit denen Sie nicht zusammenarbeiten möchten?
Ich halte es für schwierig, wenn man anderen vorgibt, mit wem man spricht oder nicht spricht. Bei mir gibt es inhaltliche Standpunkte, wo ich mir nicht vorstellen kann, dass die mit anderen geteilt werden können. Ich sehe es als relativ unmöglich, dass die FPÖ jemals mit den Grünen koaliert.
Sie beide sind auf Bundesebene wichtige Player. Werden Sie in eventuellen Koalitionsverhandlungen nach der Wahl eine Rolle spielen?
Stelzer: Ich habe gerade ein Jahr Finanzausgleichsverhandlungen hinter mir. Mit aller Macht muss ich nicht unbedingt in Wiener Runden dabei sein, aber wenn es nötig ist, werde ich mich natürlich einbringen.
Haimbuchner: Ich bringe mich dort ein, wo man mich auch braucht. Für mich ist es nicht wichtig, ob ich bei den Verhandlungen dabei bin. Relevant ist, inhaltliche Punkte zu platzieren, die für Oberösterreich wichtig sind.
Halten Sie es für möglich, dass Herbert Kickl, ähnlich wie damals Jörg Haider, in die zweite Reihe tritt und sich für eine Koalition opfert?
Das wird nicht passieren. Demokratie heißt nicht, dass mein politischer Mitbewerber bestimmen kann, welche Personen als Obmann oder Obfrau aufgestellt oder gewählt werden.
Herbert Kickl verwendet Begriffe wie Systemparteien, Volkskanzler oder Volksverrat. Wie stehen Sie zu diesen rhetorischen Parallelen zu den Nationalsozialisten?
Haimbuchner: Ich lehne es ab, mich auf derartige Vergleiche überhaupt einzulassen. Ich könnte an dieser Stelle Begriffe erwähnen, mit denen ich schon konfrontiert worden bin, ich halte das ehrlich gesagt für unwürdig. Ansonsten ist es in der Politik so, dass die politische Auseinandersetzung keine Kinderjause ist.
Das Interview ist am Samstag, 31. August 2024 erschienen.