Haimbuchner im Interview: „Ideologien verstellen einem oft den Blick auf die Wirklichkeit

Landeshauptmann-Stellvertreter und FPÖ-Landesparteiobmann Manfred Haimbuchner über Landwirtschaftspolitik, Energiewende und den „Feinkostladen Österreich“. Die Hoffnungen gänzlich auf die EU zu setzen, sei in höchstem Maße fahrlässig. Das Interview erschien in Ausgabe 1/2023 des „Freien Bauern“. 

Herr Haimbuchner, Insekten statt Schnitzel – trifft das Ihren Geschmack?

Mir ist ein guter Schweinsbraten lieber! Aber im Ernst: Insekten in den Lebensmitteln ist eine der vielen Zumutungen der letzten Jahre durch die immer weltfremder werdende EU-Bürokratie. Ich denke da immer an die salbungsvollen Worte vieler EU-Beitritts-Befürworter, die damals den Begriff „Feinkostladen Österreich“ prägten. Die Entscheidung der EU, nun Insekten als Lebensmittelzusatz zu erlauben, ist geeignet, das Vertrauen der Bevölkerung in unsere hochwertigen heimischen Produkte zu erschüttern. Ich will nicht, dass ich mit der Lupe beim Einkauf prüfen muss, ob das gewählte Produkt frei von Mehlwürmern, Heuschrecken und Grillen ist. Kein Konsument versteht, warum wir uns nicht weiterhin auf die regionalen Zutaten unserer Bauern verlassen können, die für unser tägliches Brot in höchster Qualität produzieren. Dieser EU-Wahnsinn bringt nur einen Vorteil für Lebensmittelgroßproduzenten, die damit ihre Produktionskosten senken und somit die Gewinnspanne erhöhen können. Die Menschen sollen stattdessen auch weiterhin sicher sein können, dass in ihrem Brot nur jene Zutaten enthalten sind, die in ein herkömmliches Brot gehören.

Ihnen wird immer ein gewisser Pragmatismus in der Politik nachgesagt. So zeigen Sie sich auch in Sachen Energiewende und erneuerbare Energien immer wieder bereit, Ideologen den Spiegel vorzuhalten…

Ideologien haben oft den Nachteil, dass sie einem den Blick auf die Wirklichkeit verstellen und das Dazulernen verhindern können. Ich baue meine Politik lieber auf einem soliden Wertegerüst, als auf Ideologien auf. Das gilt auch in der Energiepolitik. Die heimische Wirtschaft hat seit Jahren mit stark ansteigenden Energiekosten und wirtschaftsfeindlichen Klimazielen zu kämpfen. Bei der Verfolgung von Klimaschutzzielen dürfen aber weder Versorgungssicherheit noch die Wirtschaftlichkeit und Leistbarkeit der Energieversorgung vernachlässigt werden. Besonders seit Jahresbeginn 2022 sind die Energiepreise dramatisch angestiegen. Durch das sture Festhalten der verantwortlichen Politik auf Bundes- und EU-Ebene an unrealistischen und wenig evaluierten Klimaschutzzielen, wird unser Wohlstand und unsere Sicherheit gefährdet. Das Ziel freiheitlicher Energie- und Klimapolitik muss daher sein, einen pragmatischen Ausgleich zwischen den Ansprüchen des Verbrauchers und dem Umwelt- und Klimaschutz zu finden, ohne ideologische Scheuklappen und ohne den Klimaschutz zu einem Mantra zu erhöhen.

Was heißt das konkret?

Ich bin definitiv politischer Wegbereiter von günstiger Energie und unabhängiger Erzeugung, denn die Energiewende ist auch eine große Chance. Wir schaffen damit, wenn wir klug vorgehen, mehr Unabhängigkeit und mehr Wertschöpfung für Oberösterreich. Eines aber ist klar: Auch in diesem Bereich bin ich nicht für Dogmatismus zu haben. Ich garantiere eine ordentliche Abwägung zwischen Naturschutz und Landschaftsbild, wirtschaftlichem Nutzen und dem Klimanutzen. Wir können in Oberösterreich, dort, wo schon Windräder stehen, im R ahmen der geltenden Regeln und Normen, auch weitere errichten. Und überall, wo Flächen bereits jetzt infrastrukturell genützt werden, kann ich mir einen Ausbau vorstellen. Windräder sind aber ein nicht unwesentlicher Eingriff in Landschaft und Natur – Stichwort Bodenversiegelung – und man muss abwägen, wo man sie einsetzt. Die Meinung der Windkraft-Experten wird von mir gehört und einbezogen, diese ist aber auch nicht frei von Interessen. Natürlich macht eine Vereinigung von Windkrafterzeugern Druck für mehr Windräder, ich aber habe als Politiker alle Bürger und alle Interessen im Auge zu behalten.

Die Diskussion um die möglichen Erdgasvorkommen in Molln war ja auch kein Glanzstück inhaltlichen Tiefganges, oder?

Das ist eher noch nett ausgedrückt! Das Bild vieler politischer Mitbewerber in dieser Diskussion war einer seriösen Politik abträglich. Bevor überhaupt irgendwelche Fakten bekannt sind, bzw. überhaupt Probebohrungen erfolgt sind, werden Sorgen bei den Bürgern geschürt und Bürgerinitiativen gegründet, ohne dass überhaupt ein klares Lagebild vorhanden ist. Die aktuellen Probebohrungen nach Erdgas in Oberösterreich sind aber nicht wirklich neu. Und ja, es ist sinnvoll zu erheben, welche Bodenschätze wir nutzbar machen können. Sollten wir das Gas tatsächlich nicht zur Gänze selbst verbrauchen, weil wir in der Energiewende schon so weit vorangeschritten sind, kann man es sehr wohl verkaufen – aber von einem „Ausverkauf“ kann keine Rede sein. Grundsätzlich verkauft der Bund Lizenzen für die Förderung von Gas. Die Regierung muss sicherstellen, dass auch die Bevölkerung profitiert.

Wie stellen Sie sicher, dass Sie sich über Themen einen Überblick verschaffen?

Der Kontakt zu den Betroffenen vor Ort, den Basis-Funktionären und den Bürgermeistern ist sehr wichtig. Grundsätzlich bin ich bereit, Interessensvertreter aus verschiedenen Richtungen zu hören. Das heißt nicht, dass man sich deren Inhalte zu eigen macht, es sorgt aber für eine Erweiterung des Horizontes. Wir sind gewählte Repräsentanten und dürfen uns daher nicht von Lobbygruppen treiben lassen, die zwar laut in der Artikulation ihrer Agenda sind, aber nur einen Bruchteil der Bevölkerung repräsentieren.