Haimbuchner in KLEINER ZEITUNG: „Aktuell lädt man Migranten förmlich ein“

FPÖ-Landesparteiobmann, Landeshauptmann-Stv. Dr. Manfred Haimbuchner will in seinem aktuellen Interview mit der KLEINEN ZEITUNG im Bund eine Neuauflage der Koalition mit der ÖVP und Pushbacks an den Grenzen. Ein Gespräch mit Innenpolitik-Redakteurin Christina Traar über „Utopisten-Schwurbler“, einen möglichen „Öxit“ und Herbert Kickl.

Herr Haimbuchner, fürchten Sie sich vor dem Jahr 2054?

Manfred Haimbuchner: Politiker sollten sich nie fürchten. Aber der demografische Wandel im Land bereitet mir Sorge. Wir werden unsere Heimat nicht wiedererkennen.

Sie wissen, worauf ich anspiele. Laut Freiheitlicher Jugend sollen Österreicher dann „Minderheit im eigenen Land“ sein. Von einem „Bevölkerungsaustausch“ ist die Rede. Teilen Sie diesen Befund?

Manfred Haimbuchner: Dass sich die Gesellschaft verändert und man sich im eigenen Land zunehmend fremd fühlt, ja. Da geht es nicht um Meinungen, sondern einen Sachverhalt. Österreicher werden zur Minderheit. Das gefällt niemanden. Wir sagen es nur offen.

Wissenschaftler üben Kritik an dieser „Offenheit“, die Methode zur Berechnung auf der Webseite sei fragwürdig. Schürt man hier Angst mit falschen Zahlen?

Manfred Haimbuchner: 120.000 Menschen werden 2022 in Österreich Asyl beantragen. Man muss nur rechnen können, um zu sehen, dass wir das bald nicht mehr stemmen können. Wer das negiert, ist ein Utopisten-Schwurbler.

Utopisch sind auch viele Ihrer Forderungen wie schnellere Abschiebung oder Aberkennung von Asyl. Was gut klingt, ist vielfach rechtlich nicht möglich. Warum suggerieren Sie, dass es das
ist?

Manfred Haimbuchner: Ich sage ja auch dazu, dass es nicht einfach ist, die Menschen aus dem Land zu bringen. Deshalb ist Grenzschutz wichtig. Die dürfen gar nicht erst kommen. Wir müssen uns die Migranten aussuchen, die wir brauchen, weil wir in bestimmten Bereichen auf sie angewiesen sind. Das ist nicht der Fall.

Dennoch werben Sie mit undifferenziert einfachen Lösungen.

Manfred Haimbuchner: Bei der Werbung für einen Mercedes werden Sie auch nicht jedes Detail zum Getriebe erklären. Was zählt, ist der Stern. Das Produkt muss stimmen. Bei mir weiß  man, wofür ich stehe.

Sie stehen auch für Pushbacks an den Grenzen. Auch mit Gewalt?

Manfred Haimbuchner: Der Staat hat das Gewaltmonopol und er setzt es ein, wenn es nötig ist. Es geht darum, jemanden daran zu hindern, illegal in unser Land zu kommen. Und die Gewalt geht von den kriminellen Schleppern aus, nicht von den Soldaten im Einsatz. Außengrenzschutz sollte generell auf EU-Ebene passieren. Da wir bei den Verträgen von Maastricht massiv Souveränität abgegeben haben und hier nichts passiert, muss man sich national helfen. Und da wird man um militärischen Grenzschutz nicht herumkommen.

Wie soll der funktionieren? Stacheldraht, Mauern und Soldaten an jedem Grenzübergang?

Manfred Haimbuchner: Das hat ja funktioniert. Fragen Sie die ehemaligen Grundwehrdiener, die im Burgenland an der Grenze zu Ungarn Leute zurückgeschickt haben, als wir Außengrenze
waren. Wo ein Wille, da ein Weg. Aber die Regierung hat diesen Willen nicht.

Zusammengefasst: Zu viel Souveränität abgegeben, EU-Grenzschutz und Schengen funktionieren nicht. War der EU-Beitritt Ihrer Ansicht nach ein Fehler?

Manfred Haimbuchner: Schwierige Frage. Die europäische Zusammenarbeit macht Sinn, jedes Land für sich ist zu klein, um im globalen Wettbewerb zu bestehen. Es war eine gut gemeinte Idee, aber sie funktioniert nicht. Weder beim Euro, noch in vielen anderen Bereichen. Europa ist abgemeldet. Außer bei der Sozialmigration, da sind wir Nummer eins.

Welche Konsequenz leiten Sie aus diesem Befund ab? Öxit?

Manfred Haimbuchner: Daran zu arbeiten, dass sich die EU ändert. Und zwar mit anderen Mitgliedern, die die Sache ähnlich sehen, wie die FPÖ.

Also Ungarn?

Manfred Haimbuchner: Nicht nur, auch Polen, Tschechien, die Slowakei, Slowenien und Kroatien haben hier Ideen. Einen Zerfall der EU kann man sich nicht wünschen. Aber wenn sie sich nicht ändert, wird das passieren.

Ihre Partei verschärft die Rhetorik, neben dem Bevölkerungsaustausch sprach NÖ-FPÖ-Chef Landbauer von Zuwanderung im Ausmaß eines zweiten St. Pölten, das „St. Islamabad“ oder
„Rape Town“ heißen könnte. Für viele eine Grenzüberschreitung. Und für Sie?

Manfred Haimbuchner: Jeder ist für seine Wortwahl verantwortlich. Aber mir geht diese scheinheilige Begriffsdiskussion auf den Nerv – denn die Realität ist weit schlimmer. Diese Leute haben bei uns nichts verloren und wir sagen das auch so. Aktuell lädt man die Migranten förmlich ein, obwohl es keine Akzeptanz gibt. Mir wird zu viel über Menschenrechte gesprochen. Mir geht es um die Rechte der eigenen Bürger.

Damit wären wir wieder beim Mercedes Beispiel. Sie sagen, dass die Leute hier nichts verloren haben und lassen unerwähnt, dass es ein Asylrecht gibt, dass ihnen Bleibe garantiert.

Manfred Haimbuchner: Man kann das ja erklären. Die Menschenrechtskonvention wurde über Jahre durch Rechtsprechung uminterpretiert. Folgende Botschaft muss in die Welt: Ihr seid
hier nicht willkommen. Die ÖVP ist nicht mehr Herr der Lage, sie ist nicht einmal Herr ihrer selbst. Sie könnte ein Stück des konservativen Weges mit der FPÖ gehen. Denn wir vertreten das glaubwürdig.

War das ein Koalitionsangebot an die ÖVP im Bund?

Manfred Haimbuchner: Bei allen Animositäten muss man überlegen, wie man das Land gestaltet. Ich bin Befürworter einer konservativen, rechten Regierung. Auf diesen Weg muss man die ÖVP zurückbringen, auch in der Bibel war vom verlorenen Sohn die Rede. Und die ÖVP hat einige verlorene Söhne, die bei uns eine Heimat hätten. Wirklich bewegen kann man nur etwas
in einer Regierung, da wollen wir hin.

Nur will keine Partei mit FPÖ-Obmann Herbert Kickl.

Manfred Haimbuchner: Nach einem guten Wahlergebnis schaut alles anders aus.

Die FPÖ Oberösterreich soll Kickl den Verzicht auf das Kanzleramt nahegelegt haben, Ihr Landesparteisekretär nannte den Verzicht von Jörg Haider als Vorbild.

Manfred Haimbuchner: Blödsinn. Wer Spitzenkandidat ist, ist auch der Kandidat für die Spitzenämter im Staat.

Und das wird Kickl sein?

Manfred Haimbuchner: Alles andere wäre absurd.

Sie wollen weiterhin nicht in den Bund wechseln?

Manfred Haimbuchner: Hier sind Heimat und Familie, da bringt mich nichts weg.

Das Interview erschien am 2. Dezember 2022 in der Kleinen Zeitung.