In der Krise ist die EU abgemeldet

Während die europäischen Nationalstaaten ihre Grenzen abriegeln und individuelle Maßnahmen zur Bekämpfung des Corona-Virus ergreifen, spielt die EU hier eine marginale Rolle. Und das, obwohl Brüssel mit ausreichend Kompetenzen ausgestattet wäre, um sich in der Krise nützlich zu machen.

Die EU ist nicht in der Lage, Krisensituationen adäquat zu begegnen. Das zeigt die Rolle der EU in der Corona-Krise überdeutlich. Wenn es ernst wird, dann beweist sich der Wert des Nationalstaates, der schnell und effizient handelt. Problematisch hieran ist, dass die EU durchaus Möglichkeiten hätte, in der aktuellen Situation richtige Akzente zu setzen.

Heranführungshilfe für Türkei streichen

So wird die Europäische Union auch in diesem Jahr wieder 168 Millionen Euro Heranführungshilfe in die Türkei überweisen – während türkische Sicherheitskräfte griechische Grenzbeamte mit Gasgranaten beschießen. „Diese Gelder könnten weit sinnvoller eingesetzt werden – etwa, um Italien oder Spanien unter die Arme zu greifen. Hier könnte die oft beschworene europäische Solidarität einmal nützlich unter Beweis gestellt werden“, stellt der oberösterreichische Landeshauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner klar. Auch die Tatsache, dass sich europäische Staaten offenbar gegenseitig die Hilfsgüter mit medizinischem Bedarf vorenthalten oder wegnehmen, stellt für Haimbuchner einen untragbaren Zustand dar, gegen den sich die EU stellen müsste.

EU als selbstbewusster Akteur

Statt sich dieser und anderer Herausforderungen anzunehmen, die durchaus im Kompetenzbereich der EU liegen würden, bastelt Brüssel jedoch daran, Europa in eine Haftungsunion zu zwingen, kritisiert Haimbuchner weiter. Und: „Wenn sich das nicht ändert und kein wirkliches Umdenken stattfindet, sehe ich nicht ein, warum Österreich auch in diesem Jahr wieder über eine Milliarde Euro an Steuergeld in einen dann offenkundig nicht reformfähigen Apparat stecken sollte, wenn wir das Geld in der Krise dringend selbst brauchen.“ Statt eines handlungsunfähigen Europas wäre es also an der Zeit, dass sich die Union zu einem selbstbewussten geopolitischen Player auf dem internationalen Parkett entwickelt.