Kopftuchverbot: Gleichheit wichtiger als Schutz von Mädchen?

Ausgerechnet kurz nach dem Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) entschieden: Die islamische Zwangsverhüllung von jungen Mädchen an österreichischen Volksschulen ist wieder möglich. Islamverband jubelt. 

Die Islamische Glaubensgemeinschaft Österreichs (IGGÖ) sei gegen jede Form von Zwang, ließ deren Präsident Ümit Vural verlautbaren. Jedoch sollten sich Muslime auch dazu entscheiden können, ob sie das Kopftuch als Teil ihres Glaubens tragen wollten. Das Problem: Hier geht es nicht um erwachsene Frauen, die eine freie Entscheidung treffen, sondern um Volksschulmädchen im Alter zwischen sechs und zehn Jahren. Auf Initiative der damaligen schwarz-blauen Bundesregierung wurde an Volksschulen das Verbot von Kopftüchern eingeführt. Das Gesetz wollte junge Mädchen vor religiösem Zwang aus dem Elternhaus und Frühsexualisierung schützen. Die Religionsfreiheit sollte damit jedoch nicht eingeschränkt werden. Nun hat der Verfassungsgerichtshof das Urteil aufgehoben. Gleichheitsgrundsätze und das Neutralitätsgebot des Staates wogen für die Verfassungsrichter leider schwerer, als der Schutz junger Mädchen im Kindesalter. 

Zivilisatorischer Rückschritt

Breiter Konsens herrscht, dass dieses Urteil nach rechtsstaatlichen Maßstäben zustande gekommen und daher zu akzeptieren ist. „Leider muss man die Konsequenzen aus diesem Urteil jedoch als zivilisatorischen Rückschritt bezeichnen, da sie nun Tür und Tor für eine religiös motivierte Unterdrückung von Mädchen öffnen, die wir so in unserer Gesellschaft nicht haben wollen“, so der oberösterreichische Landeshauptmann-Stv. Dr. Manfred Haimbuchner. Für ihn müssten nun die entsprechenden Lehren aus dem Urteil gezogen und Wege erdacht werden, sodass es doch noch zu einem Kopftuchverbot in Volksschulen kommen könne. Auch der Zeitpunkt des Urteils bereitete Haimbuchner Bauchschmerzen: Ausgerechnet rund um die Aktionstage „16 Tage gegen Gewalt“, die im Rahmen des Internationalen Tags zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen stattfinden, sei mit dem Urteil nun ein gegenteiliges Zeichen gesetzt worden.