Manfred Haimbuchner im KURIER-Interview:  „Das ist ja Löwinger-Bühne auf niedrigstem Niveau“

Manfred Haimbuchner im Gespräch mit KURIER-Chefredakteur Josef Ertl: Nach dem Erfolg bei der EU-Wahl will der freiheitliche Landesparteichef auch die Nationalrats- und die Landtagswahl gewinnen.

Die FPÖ wurde bei der Europawahl in Oberösterreich mit 27,8 Prozent stärkste Partei. Manfred Haimbuchner über die Folgen für die Nationalratswahl im Herbst und die Landtagswahl 2027. Der 45-Jährige ist freiheitlicher Landesparteiobmann und Landeshauptmannstellvertreter, die FPÖ ist in einer Regierungskoalition mit der ÖVP. Er ist auch stellvertretender Bundesparteiobmann.

KURIER: Hat Wladimir Putin Ihnen und der FPÖ schon zum Wahlerfolg gratuliert?

Manfred Haimbuchner: Ich verstehe die Frage nicht, aber ein bisserl Zynismus und Humor muss man in der Politik offensichtlich verstehen.

KURIER: Der Rechtsruck in Europa und die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten stärken ihn im Krieg gegen die Ukraine.

Manfred Haimbuchner: Diese Schlussfolgerung kann ich nicht nachvollziehen, denn es hat nicht einmal einen Rechtsruck gegeben. Es hat sich der langfristige Trend fortgesetzt, dass konservative Kräfte gestärkt werden. Der linksliberale Überbau in den Medien negiert das vollkommen. In der Bevölkerung gibt es eine konservative Mehrheit, insbesondere bei den Jungwählern. Die Menschen haben genug von der linksgrünen Politik in der Migration, im Energie- und Umweltbereich, und im Ukrainekrieg. Die rechten Kräfte in Europa haben ein wahres Interesse am Frieden.

„Die Förderpolitik in der Landwirtschaft sollte renationalisiert werden“

KURIER: An einem Frieden, der auf Kosten der Ukraine geht.

Manfred Haimbuchner: Die derzeitige Politik geht auf Kosten von Menschenleben, auf Kosten der ukrainischen und russischen Soldaten.

KURIER: Der Schuldige ist klar. Wer hat den Krieg vom Zaun gebrochen?

Manfred Haimbuchner: Der Schuldige ist der, der den Krieg beginnt. Aber es gibt keine Antworten auf die Lösung des Kriege

KURIER: Wie sieht Ihre Antwort aus?

Manfred Haimbuchner: Ich bin nicht der geostrategische Experte für alles. Ich bin Landespolitiker. Die Ukraine hat jedes Recht, sich selbst zu verteidigen.

KURIER: Mit Unterstützung der westlichen Staaten?

Manfred Haimbuchner: Es wird nur mit Unterstützung von Waffenlieferungen gehen, dass man sich verteidigen kann. Ich kann Militäranalysen lesen. Sie zeigen, dass es kein Ende des Krieges gibt. Es sterben täglich Tausende Soldaten auf beiden Seiten. Das lehne ich ab. All das, was Europa gemacht hat, führt nicht zu einem Frieden, ich erinnere nur an die Sanktionen.

KURIER: Sie lehnen die Sanktionen ab.

Manfred Haimbuchner: Sie schaden uns.

KURIER: Man kann einem Kriegstreiber nicht einfach nur zuschauen, ohne Maßnahmen zu setzen.

Manfred Haimbuchner: Die Angelegenheit ist viel komplizierter als Ihre Fragestellungen, das ist die Thematik. Das stört mich, das erkennen die Bürger in Europa auch. Jeder will das Blutvergießen beenden, das ist das Entscheidende. Ich lehne die geostrategischen Interessen der Russen ab, es gibt aber auch geostrategische Interessen des Westens.

KURIER: Das Selbstbestimmungsrecht der Völker ist doch ein legitimes Interesse.

Manfred Haimbuchner: Ja, das ist aber kein geostrategisches Interesse. Dieses Recht wurde in den vergangenen Jahrzehnten vollkommen ignoriert. Wir wollen Frieden in Europa und Zusammenarbeit. Die Vernunft der europäischen Bürger ist viel größer, als man annimmt, sie sind unzufrieden, wie hier Politik gemacht wird.

KURIER: Die deutsche AfD ist im Europäischen Parlament aus der ID-Fraktion ausgeschlossen worden. Warum hat hier die FPÖ dagegen gestimmt?

Manfred Haimbuchner: Ich will das nicht näher kommunizieren, weil ich hier nicht eingebunden bin.

Zur AfD: „Das, was uns nutzt, wird unterstützt“

KURIER: Es war eine Entscheidung der Bundesebene?

Manfred Haimbuchner: Es ist eine Entscheidung der Mandatare im Europäischen Parlament. Wir arbeiten mit Rechtsparteien pragmatisch zusammen. Ich bin weder der Verteidiger von anderen Parteien noch der Moralisierer. Das, was uns nutzt, wird unterstützt. Die Ausgegrenzten sollen sich nicht selbst ausgrenzen.

KURIER: Die AfD ist selbst der rechtsgerichteten italienischen Ministerpräsidentin Meloni und der rechten Französin Marine Le Pen zu rechtsextrem. Die beiden waren für den Ausschluss.

Manfred Haimbuchner: Das hat innenpolitische Gründe und hat nichts mit der Fraktion zu tun.

KURIER: Soll Österreich aus der EU austreten?

Manfred Haimbuchner: Nein.

KURIER: Sie wollen die EU schwächen und verlangen eine Kompetenzverlagerung zurück zu den Nationalstaaten. In welchen Bereichen?

Manfred Haimbuchner: Die EU hat sich selbst geschwächt, weil sie ihre eigenen Verträge nicht einhält. Die Schuldenpolitik war und ist vertragswidrig. Sie hat sich in der Bürokratie selbst gefangen. Das Subsidiaritätsprinzip wird immer wieder gebrochen. Die Förderpolitik in der Landwirtschaft sollte renationalisiert werden, denn man kann sie vom Nordkap bis Sizilien nicht über einen Kamm scheren. Österreich hat viel höhere Umweltstandards als andere Länder. Die Bürokratie erschlägt unsere kleinstrukturierte Landwirtschaft. Unsere kleinen und mittleren Bauern müssen die gleichen bürokratischen Erfordernisse erfüllen wie internationale Großbetriebe. Diese Politik führt dazu, dass der ländliche Raum vor die Hunde geht. Es schadet auch dem Naturschutz, wenn es nur mehr Großbetriebe gibt.

KURIER: Maßgebliche Repräsentanten sprechen sich angesichts der Kriege und internationalen Krisen für eine gemeinsame Außen-und Sicherheitspolitik der EU aus. Sie auch?

Manfred Haimbuchner: Es wird Bereiche geben, in denen eine gemeinsame Politik sinnvoll. Wenn es eine europäische Außen-und Sicherheitspolitik ist und nicht eine, die im Interesse der Amerikaner und der NATO gemacht wird. Wir werden als Anhängsel wahrgenommen.

KURIER: Weil Europa nicht einmal in der Lage ist, seinen eigenen Kontinent zu verteidigen.

Manfred Haimbuchner: Verteidigung beginnt im Kopf. Wir haben das größte Problem im Bewusstsein. Man muss die eigene Verteidigungsbereitschaft in den Vordergrund stellen. Mit woken Fahnen werden wir die russischen Panzer nicht aufhalten. Die Einzigen, die hier auf der Metaebene Werte vertreten, sind die Visegrad-Staaten  (Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn).

KURIER: Weil sie die Erfahrung der Unterdrückung durch die Russen gemacht haben.

Manfred Haimbuchner: Sie wissen, wofür sie sich einsetzen, für Werte wie die Familien. Die konservative Mehrheit der Gesellschaft wird bei uns von einem linksliberalen Überbau wie dem ORF die ganze Zeit schikaniert. Diese interessiert die ganze Wokeness und Regenbogen-Geschichte überhaupt nicht. Sie fühlen sich so wie ich durch diese Art des Sektierertums belästigt. Mich regt das auf. Beim Landhaus wird so eine eigenartige Ideologie-Fahne sicher nicht aufgehängt.

KURIER: Warum haben die Freiheitlichen in Oberösterreich mit 27,8 Prozent um 2,4 Prozent besser abgeschnitten als die Bundespartei?

Manfred Haimbuchner: Wir haben eine sehr gute Organisation. Die Mobilisierung gelingt uns aufgrund einer jahrzehntelangen Aufbauarbeit. In den größeren Städten haben wir aber ein Mobilisierungsproblem, an dem wir arbeiten müssen.

KURIER: Sie peilen eine freiheitliche Mehrheit auch für die Nationalratswahl an?

Manfred Haimbuchner: Das muss unser Ziel sein, nur dann wird sich etwas ändern.

KURIER: Die ÖVP lehnt Ihren Parteichef Herbert Kickl als Bundeskanzler ab. Sie überlegt eine Dreierkoalition mit der SPÖ und den Neos.

Manfred Haimbuchner: Der Herr Bundeskanzler Nehammer, den es nach der Wahl wahrscheinlich nicht mehr geben wird, hat offensichtlich überhaupt kein Problem, das Land gegen die Wand zu fahren. Ich beschäftige mich mit Koalitionsüberlegungen überhaupt nicht.

„Ich laufe nicht wie ein Kasperl durch das Land und sage, ich will Landeshauptmann werden“

KURIER: Sie sind aber auch stellvertretender FPÖ-Bundesparteiobmann.

Manfred Haimbuchner: Ich mache hier in Oberösterreich meine Arbeit. Wir stehen besser da als andere Bundesländer. Ich halte es für eine Unart zu sagen, ich rede mit einer anderen Partei nur, wenn der oder die Obfrau ist. Wo sind denn da die Inhalte? Das ist ja auch in diesem Interview so. Das ist ja Löwinger-Bühne auf einem sehr niedrigen Niveau.

KURIER: Wäre ein holländisches Modell, wonach FPÖ und ÖVP eine Koalition bilden, ohne dass die Parteichefs in der Regierung sind, denkbar? Wäre ein holländisches Modell, wonach FPÖ und ÖVP eine Koalition bilden, ohne dass die Parteichefs in der Regierung sind, denkbar?

Manfred Haimbuchner: Das kommt für mich überhaupt nicht infrage. Wir haben mit Haider als Parteichef und Vizekanzlerin Riess-Passer die Erfahrung gemacht, dass das nicht funktioniert. Das war ein riesiger Fehler, Haider hätte das nie tun dürfen.

KURIER: FPÖ-Mehrheit bei der EU-Wahl, FPÖ-Mehrheit bei der Nationalratswahl, FPÖ-Mehrheit bei der Landtagswahl 2027?

Manfred Haimbuchner: Wir waren 2015 schon sehr weit.

KURIER: Ist eine FPÖ-Mehrheit 2027 möglich?

Manfred Haimbuchner: Es ist nicht undenkbar, dass man sehr nahe an die ÖVP herankommt. Ich sitze aber nach einem sehr guten EU-Wahlergebnis nicht da, um drei Jahre lang wie ein Kasperl durch das Land zu laufen und zu sagen, ich will Landeshauptmann werden.

KURIER: Wollen Sie das nicht werden?

Manfred Haimbuchner: Ich will durch meine Arbeit überzeugen. Ich will mir nicht wegen persönlicher Befindlichkeiten mit Thomas Stelzer drei Jahre lang die Schädel einschlagen. Das geht den Wählern auf den Wecker. Ich verstehe mich gut mit ihm. Das ist ein großer Segen für dieses Land. Es gibt in einer Zusammenarbeit Bereiche, wo man fünf gerade sein lassen muss.

KURIER: Sie stimmen zu, dass die stärkste Partei den Landeshauptmann stellt?

Manfred Haimbuchner: Auf der Bundesebene wird die stärkste Partei mit der Regierungsbildung beauftragt. Das ist im Land auch so.

Das Interview ist am Sonntag, 23. Juni 2024 im KURIER erschienen.