OÖN- Sommerinterview: Manfred Haimbuchner traut sich den Landeshauptmann „natürlich zu“

LINZ. Landeshauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner (FP) im OÖN-Sommerinterview mit Sigrid Brandstätter und Philipp Fellinger über seine Ambitionen auf den den Posten als Landeshauptmann. Landeshauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner (FP) spricht im Sommer-Interview über die Zusammenarbeit mit der ÖVP, seine Haltung zur Bundespolitik und seine Bedenken gegenüber Windkraft.

OÖNachrichten: Die erste Hälfte des Jahres war in Österreich innenpolitisch turbulent. Die FPÖ stand mit einem Fuß bereits im Kanzleramt. Gab es nach dem Scheitern Manöverkritik?

Manfred Haimbuchner: In den Verhandlungen war absehbar, dass sich die ÖVP keinen Millimeter bewegen will. Ich persönlich habe Ende Jänner damit bereits abgeschlossen. Für das Scheitern gab es viele Gründe, auch den internationalen Druck. Letztlich hat sich die Volkspartei für die eigene Macht entschieden und regiert dafür mit den Linken – so wendig ist die FPÖ nicht.

Und Ihr Resümee?

Dass die ÖVP offenbar geglaubt hat, sie kann Verhandlungen gewinnen, wenn sie die Wahl verloren hat. Für mich als Befürworter von blau-schwarzen Koalitionen ist das schade, weil ein bürgerliches Modell rechts der Mitte handelt. Damit kommt dieses Land weiter. Manchen VP-Funktionären auf Bundesebene ist offensichtlich etwas anderes wichtig.

Viele FP-Forderungen, die aus den Verhandlungsprotokollen hervorgehen, sind mitunter verstörend.

Die habe ich nicht gelesen, das waren keine Protokolle im eigentlichen Sinn. Und Endergebnis war es auch keines. Das gibt es erst, wenn ein Papier unterfertigt wird.

Gehen wir nach Oberösterreich. Welche Schulnote würden Sie der Zusammenarbeit mit der VP geben?

Ich bin kein Lehrer, ich verteile keine Schulnoten, das macht der Wähler im Jahr 2027. Die Zusammenarbeit verläuft sehr gut. Generell funktioniert die Arbeit im Landtag auf Sachebene, was auch die Vielzahl der einstimmigen Beschlüsse zeigt.

FP-Bundesparteiobmann Herbert Kickl und der Welser Bürgermeister Andreas Rabl sehen Sie als künftigen Landeshauptmann. Ist das das Ziel für 2027?

Es freut mich, wenn man mir das zutraut. Ich traue mir das natürlich auch zu. Es gibt niemanden, der mehr Erfahrung hat als ich im gesamten Landtag und in der Landesregierung. Ich werde aber nicht herumlaufen und sagen, ich will Landeshauptmann werden. Das muss man ruhig und g’scheit angehen.

Sie scheuen also davor zurück, das Duell mit Thomas Stelzer auszurufen?

Duelle sind immer gefährlich, weil es dabei immer nur einen Überlebenden gibt – das ist nicht meine Welt. Nach der Wahl wird es erneut eine Koalition mit den zwei stärksten Parteien geben, die noch dazu ähnliche Ziele verfolgen – und das sind die FPÖ und die ÖVP.

Ist also die Weiterführung einer Koalition mit der Volkspartei bereits gesetzt? Hat man nicht Angst, dass die VP auf die Idee kommen könnte, mit der SPÖ zu koalieren?

Bei uns weiß man, wofür wir stehen. Sollten wir die stärkste Kraft werden, werde ich selbstverständlich mit der zweitstärksten Partei zusammenarbeiten. Und wenn die ÖVP die stärkste Partei bleibt – was ja viel wahrscheinlicher ist – dann werden wir nach mehr Einfluss drängen. Alles andere hat der Wähler in der Hand.

Sie und Ihre Parteikollegen attackieren von Oberösterreich aus gerne die Bundes-VP. Wirkt sich das auf das Klima im Land aus?

Das größte Problem für die Landes-ÖVP ist die Bundes-ÖVP selbst. Außerdem kommt genug Kritik aus Kreisen, die eigentlich der VP nahestehen. Die sind mittlerweile auch am Verzweifeln, weil es so nicht weitergehen kann. Außerdem agieren wir in Oberösterreich professionell, wir haben ja keinen Sitzkreis, in dem wir uns gegenseitig Befindlichkeiten ausrichten. Zum Landeshauptmann habe ich ein sehr gutes und persönliches Verhältnis, das trifft aber auf den gesamten Landtag zu. Es gibt bei jeder Partei Persönlichkeiten, die ich schätze und mit denen das Gespräch jederzeit möglich ist.

Der Welser Bürgermeister hat vor kurzem gesagt, die Gemeindefinanzen in Oberösterreich schlagen „am Boden auf“. Hören Sie das auch von anderen freiheitlichen Bürgermeistern?

Die Gemeinden sind mit immer mehr Aufgaben konfrontiert, vieles kommt durch die EU herein. Aber klar ist, dass der Finanzausgleich sich ändern muss. Wir müssen auch die steigende Belastung bei den Krankenanstalten und Sozialhilfeverbänden in den Griff bekommen.

Also eine prinzipielle Aufgabenbereinigung? Da gibt es mehrere Ideen, etwa die Krankenanstaltsbeiträge für Gemeinden zu streichen.

Da gibt es viele Überlegungen. Wir unterstützen in Oberösterreich die Gemeinden mit Hilfspaketen, aber das ist keine Lösung auf Dauer und für Gemeinden nicht befriedigend. Es braucht eine Aufgaben- und Strukturreform im Rahmen eines Österreich-Konvents, wo einmal alle Karten auf den Tisch gelegt werden.

Ihre Naturschutzbehörde hat gegen eine Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts außerordentliche Revision eingelegt. Sie torpediert damit das Vorhaben eines Landwirts, der auf seinem Grund ein 15 Meter hohes Windrad aufstellen will. Wie passt das zum blauen Verständnis von Freiheit?

Da Ihr Medium tagelang gegen meine Person kampagnisiert hat, möchte ich ein paar Dinge klarstellen: Sie werden doch nicht im Ernst glauben, dass ich mich in meinem Büro mit einem 5-kW-Rad beschäftige. Auch wenn es so inszeniert worden ist, ich habe dieses Verfahren nicht im Geringsten beeinflusst. Ich bin seit 16 Jahren Naturschutzreferent und habe in dieser Funktion keine einzige Weisung erteilt oder Einfluss auf ein Verfahren genommen. Es ist aber völlig klar, dass man bei diesem Fall in die nächste Instanz gehen muss. Mit der Argumentation des Landesverwaltungsgerichtes könnte jede Anlage überall gebaut werden, weil auf einmal privates Interesse höher eingeschätzt wird als öffentliches. Das ist nicht mein Verständnis von Freiheit. In diesem Fall wurde etwas von einem ÖVP-Funktionär mit Unterstützung der OÖNachrichten zu einem Symbol aufgebauscht. Und dann ist auch noch der Eindruck entstanden, als hätte ich dieses Verfahren geleitet.

Zum Thema Windkraft: Die FPÖ versucht, bei Wirtschaftstreibenden und mit dem Ruf nach günstiger Energie zu punkten. Die Wirtschaftskammer und Industrie fordern einen raschen Ausbau der Windkraft. Wenn die Energie billiger werden soll, da wäre die Erhöhung des Angebots doch das Gebot der Stunde, dazu gehört auch die Windkraft.

Es hat eine Ausbauoffensive bei der Windkraft in ganz Europa gegeben, trotzdem ist der Strom seit 2020 um 100 Prozent teurer geworden. Der Ausbau der erneuerbaren Energie ohne entsprechende Netze und ohne Speichermöglichkeiten schadet uns einfach wettbewerbsmäßig. Das beschäftigt auch die Industrie. In Österreich gibt es Betriebe, die selbst in Deutschland mit den dortigen Energiekosten noch Gewinne schreiben würden.

Dafür gibt es eine Strompreiskompensation.

Schauen wir mal, ob das wirklich kommt. Wissen Sie, ich bin überhaupt kein dogmatischer Windkraftgegner, ich bin aber nicht so wie andere ein monolithischer Propagandist dafür. Ich orientiere mich ganz einfach an den Gegebenheiten des Marktes und an denen des Naturschutzes. Es gibt in Oberösterreich Zonen, in denen Windkraft ihren Platz hat, dort soll sie ausgebaut werden. Aber wir haben auch eine Verantwortung gegenüber den nachfolgenden Generationen und dem Landschaftsbild.

Zum Abschluss: Sie sind 46 Jahre alt und seit fast 20 Jahren Berufspolitiker. Können Sie sich ein Berufsleben abseits der Politik vorstellen? Haben Sie ein Ausstiegsszenario im Kopf?

Ich lebe und denke nicht in Szenarien, sondern in Verantwortung. Was mich in der Politik hält, sind meine beiden Kinder und das, was sich in der Realität abspielt – und das zu 100 Prozent.

Das Sommerinterview ist am 31. Juli 2025 in der Printausgabe der OÖN erschienen und auch unter https://www.nachrichten.at/politik/landespolitik/manfred-haimbuchner-traut-sich-den-landeshauptmann-natuerlich-zu;art383,4073066 zu finden.