Roman Haider in den OÖ Nachrichten: „Das macht uns auch nicht zu US-Knechten“

Im OÖ Nachrichten-Interview mit Mag. Markus Staudinger sagt der oberösterreichische EU-Abgeordnete Mag. Roman Haider, warum er gegen Militärhilfe für die Ukraine ist, der Dnjepr eine neue Grenze sein könnte und verweist darauf, dass die FPÖ nicht nur einen Freundschaftsvertrag mit Putins Partei hatte, sondern auch mit dem Young Republican Club New York.

OÖNachrichten: FP-Spitzenkandidat Harald Vilimsky hat das EU-Parlament, für das Sie und er kandidieren, vergangene Woche „EU-Irrenhaus“ genannt. Halten Sie das für in Ordnung?

Roman Haider: Man sollte sich nicht an polemischen Wahlkampfsprüchen aufhängen.

Wir sind da bei problematischen Bezeichnungen wie Quatschbude für das Parlament der Weimarer Republik …

Und da sind wir schon wieder bei belasteten Begriffen. Das war eine Replik von Vilimsky auf das, was in dieser letzten Woche in Straßburg passiert ist. Da passt in der Wahlkampfrhetorik ein solcher Begriff schon.

Es war eine direkte Replik auf eine mit großer Mehrheit beschlossene Resolution im EU-Parlament, die unter anderem der FPÖ zu große Nähe zu Putins Russland vorwirft.

Ja, da haben sich die Schwarzen mit den Roten, den Liberalen, den Grünen und den Kommunisten abgesprochen, um vor der Wahl den angeblich bösen Rechten noch eine reinzuwürgen.

Die FPÖ hat 2016 einen Freundschaftsvertrag mit Putins Partei „Einiges Russland“ abgeschlossen, sie lehnt die Sanktionen ab und ist gegen westliche Militärhilfe für die Ukraine. Daraus eine Nähe zu Russland abzuleiten, ist nicht abwegig.

Zum Freundschaftsvertrag: Der galt fünf Jahre – also bis 2021 – und war nie mit Leben erfüllt. Wir haben so ein Memorandum of Understanding auch mit dem Young Republican Club New York. Das macht uns auch nicht zu US-Knechten.

Und die Sanktionen?

Die schaden uns selbst am meisten. Russland verdient so viel Geld wie noch nie. Also sind die Sanktionen ein Schuss ins Knie.

Sollten westliche Staaten die Militärhilfe für die Ukraine einstellen?

Dieses Kriegsgeheul, wie man es unter anderem vom französischen Präsidenten Macron hört, der auch angedacht hat, französische Soldaten in die Ukraine zu schicken, ist ein völliger Wahnsinn. Jeder, der Waffen oder gar Soldaten schickt, dreht an der Eskalationsschraube. Wir haben diesen Überfallskrieg niemals gutgeheißen. Aber jetzt brauchen wir so schnell wie möglich Friedensverhandlungen.

Wenn der Westen die Militärhilfe einstellt, wird Russland mit seiner militärischen Übermacht die Ukraine überrollen.

Was passieren wird, wissen wir nicht. Aber dieses Sterben der jungen Männer in der Ukraine kann doch keiner verlängern wollen.

Russland hätte in dem Fall die Ukraine besiegt – und wir haben einen aggressiven Diktator wie Putin vor den Toren der EU.

Ich sehe das nicht so. Das Alleräußerste, was ich mir vorstellen kann – und das ist auch nur Spekulation –, ist, dass er den Dnjepr als Grenze nimmt.

Das wäre fast die Hälfte der Ukraine oder jedenfalls ein beträchtlicher Teil.

Ja, der russische Teil.

Das dürfte man in der Ukraine anders sehen. Kommen wir aber zu Ihrer Arbeit in Brüssel und Straßburg: Wenn Sie nur einen Punkt aus den vergangenen fünf Jahren nennen können, auf den Sie besonders stolz sind – welcher wäre das?

Die Arbeit eines Abgeordneten in Brüssel ist eine sehr trockene Arbeit, ein langwieriges Verhandeln und Feilschen um jedes Wort in einzelnen Verordnungen und Richtlinien. Ich bin Fraktionssprecher meiner ID-Fraktion im Verkehrsausschuss. Da war ich mit anderen maßgeblich daran beteiligt, dass wir beispielsweise den L17-Führerschein für Österreich gerettet haben.

Und was stört Sie am meisten? Wogegen wollen Sie in den nächsten fünf Jahren insbesondere ankämpfen?

Den Green Deal – und insbesondere das Verbrennerverbot. Das ruiniert Europa, bringt Deindustrialisierung und ist direktes Ergebnis der desaströsen Politik dieser Kommission unter Ursula von der Leyen. Mit dem Verbrennerverbot sparen wir maximal ein Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes ein – und zerstören dafür die europäische Autoindustrie mit zwölf Millionen Arbeitsplätzen, 400.000 davon allein in Österreich. China und die USA reiben sich die Hände.

Die FPÖ ist im EU-Parlament Teil der ID-Fraktion. Daneben gibt es eine weitere rechtsnationale Fraktion, die ECR. Gibt es Pläne für einen Zusammenschluss?

Das wird möglicherweise Ergebnis von Verhandlungen nach der Wahl sein. Die Meinungsumfragen geben uns von der ID gute Chancen, drittstärkste Fraktion zu werden. Wenn wir dann mit der ECR, die wahrscheinlich viertstärkste Fraktion wird, eine Zusammenarbeit finden, können wir auf jeden Fall zweitstärkste, wenn nicht sogar stärkste Fraktion im neuen Parlament werden. Das kann dann wirklich etwas zum Besseren wenden.

Sie waren vor Ihrer Zeit im EU-Parlament elf Jahre lang Nationalratsabgeordneter. Wo bewirkt man mehr als Abgeordneter, wo hat man mehr Gestaltungsspielraum?

Man hat direktere Einflussmöglichkeiten im nationalen Parlament, aber die wichtigeren und auch die meisten Entscheidungen, die eine Auswirkung auf unser Leben haben, fallen in Brüssel. Das wird dann in den nationalen Parlamenten nachvollzogen.

Zur Person

Roman Haider (57) aus Aschach/Donau ist seit 2019 FP-EU-Mandatar. Davor war er Nationalratsmandatar und außenpolitischer Sprecher der FPÖ. Für die OSZE hat er an etlichen Wahlbeobachtungsmissionen teilgenommen. Haider kandidiert auf Platz vier der FP-Liste für die EU-Wahl und hat damit beste Chancen für einen Wiedereinzug ins EU-Parlament.

Das Interview führte Mag. Markus Staudinger, es ist am Montag, 29. April 2024 erschienen https://www.nachrichten.at/politik/innenpolitik/fp-mandatar-haider-das-macht-uns-auch-nicht-zu-us-knechten;art385,3944109