Steinkellner im Gespräch mit den OÖ Nachrichten : „Jedes Rad, das fährt, entlastet Straße und Stau“

LINZ. Der Streit über die Radwege auf der Nibelungenbrücke ist ein Sinnbild für die Probleme in der Linzer Verkehrsplanung. Ein Interview mit Verkehrslandesrat Günther Steinkellner (FP) über Staus, aktuelle Projekte und Fehler der Vergangenheit.

 Die Nibelungenbrücke wurde in den vergangenen Wochen zum Symbol der Linzer Stauproblematik – ausgelöst haben das zwei Radstreifen auf der Nibelungenbrücke auf Kosten zweier Fahrstreifen. Im subjektiven Empfinden vieler Anrainer und Pendler ist der Stau in Urfahr nun zu einem größeren Problem geworden, als er es vor der Eröffnung der Donautalbrücke war. Aber der Schein trügt, legt Verkehrslandesrat Günther Steinkellner (FP) im OÖN-Interview dar.  Zur künftigen Entlastung der Stausituation rund um und in Linz gibt es derzeit zwar viele Projekte, sie alle eint jedoch, dass ihre Umsetzung in ferner Zukunft liegt. Ein Gespräch über Stau, Projekte und Fehler der Vergangenheit.

OÖN: Wie sind Sie heute in die Arbeit gekommen?

Steinkellner: Nicht über die Nibelungenbrücke (lacht). Ich bin privilegiert, ich wohne in Leonding. Aber Sie meinen mein Verkehrsmittel: mit dem Auto.

Seit zwei Wochen gibt es die Radwege auf der Nibelungenbrücke. Ist der Stau nun wieder auf dem Niveau von vor der Eröffnung der Donautalbrücke?

Wir verfolgen das genau – die Staumessung besagt, dass der Stau besser ist als zum Zeitpunkt vor der Eröffnung der Donautalbrücke.

Die Eröffnung der Brücke hatte im Oktober des Vorjahres die Situation für viele erleichtert – nun zurückzusteigen ist schwer.

Ja, das hat zu einer zwischenzeitlichen Erleichterung geführt. Die ist jetzt weg. Wenngleich man sagen muss: Der Radweg ist ein Pilotprojekt, und es werden weitere Nachjustierungen mitbedacht. Es gibt Engstellen bei den Linksabbiegern von Urfahr kommend, weil es nur eine Linksabbiegerspur gibt. Da geht es aber um einen Gewöhnungseffekt. Man könnte auch zweimal rechts abbiegen und dann unter der Brücke durch. Diese Möglichkeit wird zu wenig genützt.

Es hat den Eindruck, dass sich die Causa „Nibelungenbrücke“ zum Kampf „Pendler gegen Radfahrer gegen Politiker“ verdichtet.

Ich verstehe jeden, der jetzt Zeit im Stau verliert. Aber es ist ein Miteinander. Daher noch einmal: Es ist ein Pilotprojekt, und die Umstellung einer Verkehrsführung bringt per se Probleme mit sich. Wenn wir sehen, dass es nicht funktioniert – donauoberseitig, denn donauunterseitig funktioniert es ja –, dann muss man den Mut haben, das Projekt einzustellen. Was wir bei der Nibelungenbrücke haben, ist ein Kompromiss. Schöner wäre freilich eine eigene Geh- und Radwegbrücke. Aber die Radfahrer wollen ja auch zum Hauptplatz gelangen, und das spricht gegen eine Radfahrbrücke donauabwärts.

2028 wird die Nibelungenbrücke saniert.

Da haben wir kein Belastungsproblem, sondern ein Belagsproblem Wünschenswert wäre es, das erst dann zu machen, wenn der A26-Tunnel bis zur Waldeggstraße fertig ist – also 2033.

Sie forcieren Hauptradwege außerhalb von Linz, um damit das Einpendeln mit dem Rad zu attraktivieren. Wie sieht es da aus?

Alles, was in und rund um Linz mit Radwegen zu tun hat, ist schwer, weil die Grundstücksverfügbarkeit kaum zu erreichen ist. Beim Lilo-Radweg hapert es am Kompromiss mit Leondinger Grundeigentümern.

Der Ausbau von Park&Ride-Anlagen müsste forciert werden. Allerdings bringt der nur etwas, wenn der Bus dann nicht staut.

In Rottenegg hat die OÖ Schiene ein Grundstück erworben, damit die Park&Ride-Flächen verstärkt werden, um das Umsteigen zu attraktivieren. Es ist sinnvoll, die Menschen weit draußen abzuholen, damit sie nicht mit dem Auto in den Stau hineinfahren. Wir bauen diese Anlagen besonders bei schienengebundenen Verkehrsmitteln aus, weil hier das Umsteigen attraktiv ist – entlang der Straßenbahn nach Traun. Und in Zukunft entlang der Stadtbahn ins Mühlviertel.

Pendlersprecher Michael Hammer meinte jüngst, für solche übergeordneten öffentlichen Projekte wie die Stadtbahn sollten Verfahren vereinfacht werden.

Das wäre schön. Wie schwer die Verfahren sind, sieht man an der Donaubrücke in Mauthausen. In Linz fahren wir zudem noch in bewohnten Gebieten, da ist besondere Behutsamkeit notwendig. Die Stadtbahn ist das größte Projekt, das Oberösterreich jemals in Angriff genommen hat, das fordert das Land und alle Mitarbeiter gewaltig. Baustart sollte 2027/28 sein. Es gibt aber auch noch Finanzierungsthemen mit den ÖBB. Die Stadtbahn wird ja in den Hauptbahnhof eingebunden – damit die Lilo weiterführend Richtung Lindbauer geführt werden kann, brauchen wir auch die ÖBB. Da ist zuletzt alles gestanden, aber jetzt haben wir ja einen neuen Minister.

Wann kann man in Gallneukirchen in die Stadtbahn einsteigen?

Die Einreichplanungen Gallneukirchen/Pregarten kommen erst viel später. Zuerst steht das Hauptstück an, der Linzer Bereich ist abgesichert, der kostet mehr als eine Milliarde Euro, der Bund hat sich schon für 50 Prozent verpflichtet.

Stau gibt es in Linz auch nachmittags an der Donaulände, morgens und nachmittags auf der A7. Wie sieht es mit der Ostumfahrung aus?

Sie ist wesentlich, sie würde den gesamten Süden entlasten. Insbesondere, weil wir mit einer Verkehrszunahme rechnen, wenn die Autobahn in Tschechien fertig ist.

Wird sie kommen?

Wenn es nach mir geht, sofort. Das bedeutet aber: frühestens 2035. Wir haben viele Anrainerthemen, dazu muss das Projekt erst einmal ins Bundesstraßengesetz aufgenommen werden – da fehlt eine Verkehrsprognose, die vom Ministerium nicht gemacht wurde. Deswegen kommen wir da nicht weiter.

Haben Stadt und Land in den Jahrzehnten davor zu wenig zusammengearbeitet?

Die Fehler der Vergangenheit kann man nicht reparieren. Man kann in die Zukunft blicken, rasch und gut zusammenarbeiten. Ich bin guter Hoffnung und mit Bürgermeister Dietmar Prammer in Kontakt, damit wir so rasch wie möglich Verkehrslösungen für Linz und Oberösterreich bewerkstelligen.

Im Schnitt sitzen 1,2 Menschen in einem Auto im Stau. Liegt hier das Problem?

Wir versuchen, mit Apps die Menschen zusammenzubringen, damit sie miteinander fahren. Auch Betriebe forcieren das. Das ist ja kostengünstig, das muss sich aber nach Corona wieder einpendeln. Das Fahrzeug ist für viele im ländlichen Raum unverzichtbar, da müssen wir Alternativen anbieten. Aber: Kurze Distanzen können auch anders bewältigt werden – mit dem Fahrrad. Jedes Rad, das fährt, entlastet die Straße und den Stau.

Das Interview führte Redakteur Manfred Wolf. Es ist unter https://www.nachrichten.at/oberoesterreich/steinkellner-jedes-rad-das-faehrt-entlastet-strasse-und-stau;art4,4040680  am 8. April erschienen.