Wohnraum schützen, Wirtschaft stärken – OIB-Richtlinie entschärfen statt überziehen

Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind derzeit so schwierig wie seit Jahrzehnten nicht mehr: Hohe Baukosten, steigende Zinsen und ein angespanntes wirtschaftliches Umfeld treffen den Wohnungsbau mit voller Wucht. In dieser ohnehin schon belasteten Lage droht nun mit der geplanten OIB-Richtlinie 6, der österreichischen Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie, eine zusätzliche Verschärfung. Landeshauptmann-Stv. und Wohnbaureferent Dr. Manfred Haimbuchner warnt eindringlich vor den Folgen – und fordert ein sofortiges Umdenken.

Die aktuellen Herausforderungen dürfen nicht durch neue, praxisferne Vorschriften verschärft werden. „Wir kämpfen für leistbares Wohnen, für sichere Arbeitsplätze und für eine Bauwirtschaft, die Zukunft hat. Gerade jetzt muss Politik mit Maß, Verstand und Verantwortung handeln – und nicht mit ideologischen Scheuklappen.“ Die OIB-Richtlinie dürfe nicht zum Wohnbaubremser werden – sondern müsse in einer Form umgesetzt werden, die Mensch, Markt und Umwelt gleichermaßen gerecht wird. Ziel sei leistbares Bauen zu sichern und Arbeitsplätze zu erhalten.

„Nicht Entlastung, sondern Belastung – das ist der falsche Weg“

Die Richtlinie sieht vor, dass bis 2030 nur mehr sogenannte Nullemissionsgebäude errichtet werden dürfen. Das bedeutet eine Verschärfung um rund 10 % gegenüber dem aktuellen Standard – und geht damit deutlich über das hinaus, was die EU eigentlich verlangt. Haimbuchner kritisiert: „Diese überzogene Umsetzung ist wirtschaftsfeindlich, sozial blind und in der Sache vollkommen über das Ziel hinausgeschossen. Wer soll sich das alles noch leisten können?“ Tatsächlich steht viel auf dem Spiel. Eine unabhängige Studie von Prof. BM DI Reinhard Schild zeigt: Ein Drittel der in den letzten vier Jahren in Oberösterreich errichteten mehrgeschossigen Wohnbauten hätte unter den geplanten Vorgaben nicht realisiert werden können. Das hätte gravierende Folgen – für Wohnungssuchende, Betriebe und Arbeitsplätze.

Gerade in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit braucht es Augenmaß

„Gerade in Zeiten, in denen die wirtschaftliche Lage in Österreich angespannt ist, müssen wir mit Augenmaß handeln und dürfen unseren eigenen Wohnungsmarkt sowie die Bauwirtschaft nicht durch überzogene Vorschriften zusätzlich belasten. Grundsätzlich ist jedes ‚Gold-Plating‘ bei der EU-Rechtsumsetzung abzulehnen – vorauseilender Gehorsam ist hier angesichts der dramatischen Konsequenzen für Wirtschaft und Bevölkerung völlig unangebracht. Die geplanten Verschärfungen der OIB-Richtlinie gehen weit über das hinaus, was die EU verlangt, und würden dazu führen, dass ein erheblicher Teil des Wohnbaus, wie wir ihn kennen, nicht mehr möglich wäre. Das bedeutet weniger Wohnraum, höhere Mieten und einen massiven Rückgang von Bauaufträgen, der tausende Arbeitsplätze gefährdet“, so Haimbuchner weiter.

Technische Herausforderungen und offene Fragen bei der Umsetzung

„Durch die EPBD-Gebäuderichtlinie sind wir in Österreich angehalten, unsere Energieausweise und Berechnungen anzupassen. Leider gibt es einen erheblichen Zeitdruck seitens der EU – gleichzeitig fehlen derzeit geprüfte Softwareprogramme, um die exakten Auswirkungen verlässlich zu berechnen“, warnt Landesinnungsmeister Wolfgang Holzhaider. Dennoch ermöglichen Simulationen und Berechnungen österreichischer Fachleute erste Einschätzungen. Dabei wurde festgestellt, dass bestimmte Gebäudeformen und Heizsysteme künftig nicht mehr umsetzbar wären, sofern nicht zusätzliche Dämmmaßnahmen und Photovoltaik-Anlagen vorgesehen werden. Ein weiterer kritischer Punkt: In Österreich ist weiterhin geplant, am HWB-Wert (Heizwärmebedarf) festzuhalten – obwohl dieser laut EU-Vorgaben nicht mehr erforderlich ist. „Gerade dieser Wert stellt in der Praxis eine zusätzliche Hürde dar. Wenn er nicht mehr gefordert ist, sollte man darauf auch verzichten – das wäre ein sinnvoller Schritt zur Entbürokratisierung“, so Holzhaider.

 Zahlen, die zu denken geben

  • In den letzten vier Jahren wurden in Österreich rund 286.000 Wohnungen gebaut.
  • Die geschätzte Mehrbelastung durch neue Auflagen liegt bei rund 3.000 Euro pro Wohnhaus.
  • Hochgerechnet auf zwölf Einheiten pro Gebäude ergibt das Mehrkosten von über 71 Millionen Euro – allein bis 2027.

Diese Zahlen zeigen klar: Eine unreflektierte Umsetzung der Richtlinie würde Bauen weiter verteuern, leistbaren Wohnraum verknappen und die Bauwirtschaft massiv belasten.

Drei klare Forderungen aus Oberösterreich

Oberösterreich wird deshalb im OIB-Expertengremium drei zentrale Änderungen einfordern, um die EU-Vorgaben sozial verträglich und wirtschaftlich tragbar umzusetzen:

  1. Keine weitere Verschärfung der Gebäudehülle
    – Die Rückfalllinie muss auf ein vernünftiges Maß (3.0) angehoben werden.
  2. Keine zweite Verschärfungsstufe im Jahr 2030
    – Der kommende Standard ist ausreichend. Ein weiterer Schritt ist nicht zumutbar.
  3. Vollständige Anrechnung von Photovoltaik-Anlagen
    – Auch bei Raumwärme und Warmwasser muss PV-Leistung berücksichtigt werden.

„Wenn diese Punkte berücksichtigt werden, erfüllen wir die EU-Ziele – ohne den Wohnbau zu ruinieren“, stellt Haimbuchner klar.

Haimbuchner hat bereits alle Wohnbaureferenten Österreichs in einem Brief zum Mitziehen aufgefordert. Ziel sei ein breiter Schulterschluss aller Bundesländer für eine praxistaugliche Lösung: „Wir brauchen keine Musterschüler-Mentalität – wir brauchen Hausverstand. Jetzt geht es darum, eine vernünftige, realitätsnahe und faire Umsetzung zu finden.“