Haimbuchner: „Ohne Kinder geht es bergab“

Oberösterreichs Landeshauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner (FPÖ) spricht im Interview mit dem „Kurier“ über Defizite im gesellschaftlichen Wertgefüge.

Wie unterscheidet sich Ihre freiheitliche Familienpolitik von jener der ÖVP und der SPÖ?

Die SPÖ hält vom traditionellen Familienbild gar nichts mehr, für sie ist alles Familie geworden, unabhängig davon, ob das eine Familie mit Kindern ist oder nicht. Sie fördert alle möglichen Partnerschaftsmodelle. Die ÖVP hat immer vorgegeben, für ein traditionelles Familienbild zu stehen, fördert es aber nicht. Für die FPÖ besteht eine Familie aus Eltern und Kindern. Es gibt andere Lebensmodelle wie gleichgeschlechtliche Partnerschaften, mit denen ich kein Problem habe. Sie sollten auch gewisse Rechte haben. Ich kenne einige solche Paare in der FPÖ. Wir wollen den Menschen nicht vorschreiben wie sie leben sollen. Ich halte es hier mit dem Friedrich dem Großen, der gesagt hat, jeder soll nach seiner Façon glücklich werden.

Wenn man die Familien mit Kindern nicht fördert, wird es demographisch mit uns weiter bergab gehen.

Es geht hier nicht nur um eine Frage der Finanzierung und der Alltagsbelastung, sondern es ist auch eine Frage der Einstellung zur Familie. Hier hat sich viel verändert.

Für Sie heißt Familie Mann, Frau und Kinder?

Ja, das ist ein idealistisches Familienbild. Ich würde mir das wünschen. Ich lebe das auch persönlich.

Wie wirkt sich dieses Bild in Ihrer Politik aus?

Als Familienreferent des Landes bin ich relativ eingeschränkt. Wir haben Förderprogramme. Die Konferenz der Familienlandesräte, die in Oberösterreich getagt hat, hat verschiedene Punkte angesprochen. Beim neuen Modell des Kinderbetreuungsgeldes gibt es Benachteiligungen.

Bei der Familienpolitik geht es auch um Wertigkeiten. Es geht hier um eine Einwanderungspolitik, die es zukünftigen Familien ermöglicht, sich hier heimisch zu fühlen. Es geht um einen nachhaltigen Umgang mit den Finanzen. Ich halte nichts vom linken, utopischen Ansatz zu sagen, Schulden hat es immer schon gegeben, die zukünftigen Generationen sollen zurückzahlen. Österreich hat mittlerweile 300 Milliarden Schulden.

Muslime leben das von Ihnen propagierte traditionelle Familienbild von Mann, Frau und Kindern. Ihr Bundesobmann HC Strache plakatiert aber nun den Stopp der Islamisierung, obwohl die Wertvorstellungen in diesem Bereich sehr ähnliche sind.

Das kann man so nicht sagen. Denn die Einstellung des Islams, insbesondere des politischen Islams, zur Frau ist eine, die ich nicht einmal ansatzweise teilen kann. Das traditionelle Familienbild heisst nicht, dass die Frau zu Hause bleiben muss. Eine Überlegenheit des Islams resultiert schon daraus, dass man schon auch auf Demographie setzt. Das darf man nicht übersehen. Es besteht eine positive Einstellung zum Nachwuchs. In der arabischen Welt gibt es sehr junge Gesellschaften. Bei uns war es früher auch gang und gäbe, dass zu einer Familie mehrere Kinder gehört haben. Dass es heute weniger Kinder gibt, ist eine Folge der Medizin und des Wohlstandes. Kinder zu bekommen ist keine Form der politischen Selbstverwirklichung. Aus Umfragen wissen wir, dass sich die Österreicher als Idealbild Mann und Frau und zwei Kinder vorstellen.

Der mangelnde Nachwuchs führt dazu, dass zukünftig weniger Menschen in die sozialen Systeme einzahlen werden und diese dadurch gefährdet sind. Politiker weisen darauf schon seit 30 Jahren erfolglos hin. Wieso kommen weniger Kinder auf die Welt?

Der finanzielle Faktor ist hier ein wesentlicher Punkt, aber nicht der entscheidende. Es hat sich in den vergangenen Jahrzehnten viel verändert, zum Beispiel durch die Pille. Wir haben inzwischen aber in Europa mit der positiven Einstellung zum Leben ein Problem. Es werden auch in wohlhabenden Staaten tausende Kinder abgetrieben. Das ist eine bedenkliche Einstellung zum Leben.

Abtreibungen werden aber nicht leichtfertig vorgenommen, sondern weil sich Frauen in für sie ausweglosen Situationen befinden.

Diese Diskussion darf man nicht mit Vorwürfen untermalt führen. Es geht um die Einstellung der Gesellschaft. Wie kann man Frauen in schwierigen Situationen unterstützen? Aber es bleibt die Frage nach der Einstellung zum Leben.

Ist diese Einstellung zu pessimistisch?

Es geht hier auch um Leichtfertigkeit. Es geht hier um Verantwortung, wenn Leben entsteht.

Wollen Sie die Straffreiheit der Abtreibung abschaffen?

Nein. Man soll die gesetzlichen Bestimmungen nicht ändern. Es geht nicht immer nur um Gesetze und Verordnungen, sondern auch um grundsätzliche Einstellungen. Die Gesellschaft wird von vielen Parametern getragen, von Kultur, Traditionen, Familienbanden. Vieles ist abseits dessen, was formal geregelt ist. Es gibt in der Gesellschaft vermehrt Defizite. Wie wird einer Frau begegnet, die mit dem Kinderwagen in die Straßenbahn einsteigt? Wie ist das, wenn eine Familie mit einigen Kindern einkaufen geht? Oder im Urlaub? Da werben einige Hotels damit, dass sie keine Familien mit Kindern nehmen. Was ist das für eine kranke Einstellung! Ich freue mich, wenn ich Kinder sehe. Das nächste Hotel sagt dann möglicherweise, wir nehmen keine älteren Menschen mehr.