Steinkellner im KURIER-Interview: „Gewessler lässt keinen Ausbau der Autobahnen mehr zu“

Im KURIER- Interview mit Chefred. Dr. Josef Ertl zeigt Infrastruktur-Landesrat Mag. Günther Steinkellner auf, dass Autobahnen dreispurig ausgebaut, die Linzer Osttangente errichtet werden soll. Steinkellner stößt an die Grenze der Grünen Infrastrukturministerin Leonore Gewessler.

KURIER: Das Fahren auf der Innkreisautobahn war in den vergangenen Wochen eine Katastrophe. Die Ost- und Südosteuropäer, die in Deutschland arbeiten, fuhren in ihre Heimat auf Urlaub bzw. retour. Die Strecke ist eine echte Transitroute. Wie soll das weitergehen?

Günther Steinkellner: Wir müssen dreispurig werden, weil der Verkehr zunimmt. Und weil wir die Bereitschaft haben, diese Verkehrsachsen auszubauen. Das ist leider mit der Frau Bundesministerin jetzt nicht möglich.

Es wird sich also in den nächsten Jahren nichts ändern?

Die Innkreisautobahn ist ein Spiegelbild der Probleme, die auf Linz zukommen werden. Die Innkreisautobahn ist die mit dem Lkw-Verkehr am stärksten belastete Autobahn Österreichs. Rund 3,6 Millionen Lkw sind hier unterwegs, mehr als am Brenner. Wenn die Autobahn in Tschechien von Prag nach Wullowitz fertiggestellt ist, wird zunehmender Verkehr durch Linz rollen. Wir benötigen dringend die Osttangente, sonst kollabiert der Verkehr in Linz.

Die Parteien im Linzer Gemeinderat sind sich einig, dass der Verkehr durch die Stadt rollen soll, sie lehnen die Tangente ab.

Ich glaube, dass hier ein Umdenkprozess nach intensiver Beratung eingeleitet ist. Linz und die Bewohner im Süden profitieren am meisten, weil sie mehrere Autobahnauffahrten bekommen würden. Von der B1 auf die A1, sie bekommen eine zusätzliche Anbindung zur voestalpine und von der B3 auf die Osttangente. Das entlastet den Linzer Süden wesentlich.

Die EU hat die Zahlen der Autodichte veröffentlicht. In Österreich ist die Anzahl der Pkw pro 1.000 Einwohner von 530 im Jahr 2010 auf 570 im Jahr 2020 gestiegen. Der Autoverkehr nimmt ebenso wie der Lkw-Verkehr ständig zu, der Straßenbau hinkt deutlich nach.

Es gibt in Oberösterreich sehr wohl einen Straßenbau. Es gibt Projekte im hochrangigsten Straßennetz, bei denen wir nicht weiterkommen, weil die Frau Bundesministerin keinen weiteren Autobahnbau zulässt. Ich spreche hier an die Mehrstreifigkeit vom Bindermichltunnel zur Westautobahn, die Mehrstreifigkeit der Stadtautobahn, die Mehrstreifigkeit auf der A1 von Sattledt nach Regau und dann weiter nach Salzburg. Die Innkreisautobahn haben wir bereits angesprochen.

In meinem Verantwortungsbereich gibt es natürlich Schwerpunktsetzungen. Ich erinnere an die Bundesstraße 1, die in Hörsching vierstreifig ausgebaut wird. Dann die Baumaßnahmen in Eggelsberg/Lamprechtshausen. Gestern, Samstag, war der Tunnelanschlag in Weyer.Wir sind in der Vorbereitung der Umweltverträglichkeitsprüfung für die Mauthausner Brücke, wir bauen gemeinsam mit der Asfinag einen Autobahnanschluss in Pucking/Haid. Am Samstag wurde der Halbautobahnanschluss Aufhof der Asfinag ausgeschrieben, im März beginnen dafür die Bauarbeiten. Wir haben auch ein höheres Budget für die Güterwege im ländlichen Raum. Mit den neuen Straßen- und Brückenverbindungen werden auch immer wieder Radwege errichtet.

Die Kronenzeitung hat eine Umfrage veröffentlicht, bei der auf Landesebene erstmals die FPÖ vor der ÖVP liegt. Geht die Strategie der FPÖ auf?

Wir haben einen sympathischen, hart arbeitenden Spitzenmann, Manfred Haimbuchner, der das Herz am richtigen Fleck hat und bei den Menschen sehr präsent ist. Er spricht die Probleme an. Eine Umfrage ist eine Umfrage, die Legislaturperiode dauert noch fünf Jahre.

Die Bundes-FPÖ liegt nur knapp hinter der ÖVP. Herbert Kickl hat am Parteitag erklärt, er sei bereit für das Kanzleramt. Mit wem wird die FPÖ koalieren?

Man soll einmal schauen, dass die Probleme der jetzigen Koalition gelöst werden. Die Flüchtlinge könnten bald mehr als 2015 sein, die ÖVP verspricht, hält das aber nicht. Ich frage mich immer, wie das kleine Europa das stemmen und sich gleichzeitig deindustrialisieren soll, weil wir die Energiepreise nicht mehr zahlen können. Wohin führt das alles, wenn man Sanktionen gegen sich selbst betreibt? Wir werden kein Geld mehr haben, irgendjemanden aufzunehmen.

Die FPÖ kritisiert die EU-Sanktionen gegen Russland und die Militärtransporte für die Ukraine über Österreich. Welche Maßnahmen hält die FPÖ für geeignet, um gegen den Angriffskrieg Russlands vorzugehen?

Wenn ich mit Ghandi antworten könnte, ist wahrscheinlich ein friedlicher Widerstand die beste Methode, bevor junge Soldaten sterben müssen. Wir sind ein neutraler Staat, wir hätten eine Vermittlerposition einnehmen müssen. Wir hätten uns als Beispiel präsentieren können, als Boden der Gesprächskultur. Wir hätten eine Volksabstimmung entrieren können, welche Teile bei der Ukraine bleiben. Ist es wirklich notwendig, dass das transatlantische Bündnis bis an die Grenze Russlands expandiert? Ich erinnere an die Kuba-Krise.

Sie haben also Verständnis für den Angriff Russlands gegen die Ukraine?

Nein, es gibt kein Verständnis für eine kriegerische Handlung. Das ist ein Verbrechen. Die Welt wird aber dadurch nicht besser werden, wenn durch die hohen Gaspreise die Betriebsstätten Europa verlassen, und in die USA oder nach Asien transformiert werden. Wer wird dann anderen Ländern wie zum Beispiel in Afrika tatsächlich helfen?

Ist Ihre Aussage der Deindustrialisierung nicht einigermaßen übertrieben?

Das ist eine Frage der Zeit, wie lange die Energiepreise wegen der Sanktionen so hoch bleiben. Betriebe im Bereich der Produktion von Zement, Eisen, Ziegel, Aluminium etc. werden uns verlassen.

Die Ukrainer sagen, salbungsvolle Worte helfen uns nicht, wir brauchen Waffen. Die Amerikaner liefern, die Europäer teilweise. Werden durch Positionen wie die Ihre die Ukrainer nicht zum Narren gehalten?

Das müssen sich jene überlegen, die die Ukrainer mit halbem Herzen unterstützen und sich Gott sei Dank nicht weiter hinaus wagen. Wir wollen keine Eskalation des Konflikts. Es wäre wesentlich, wieder in Gespräche einzusteigen.

Das Interview erschien am 25. September 2022 im KURIER

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